Wenn der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit seinen Bemühungen um einen Kompromiss scheitert, dann wird die Entscheidung am Ende "unechtes" Vermittlungsergebnis genannt. Gemeint ist damit schlicht das Überstimmen des politischen Gegners. So geschah es in der Nacht zum Freitag bei der Entfernungspauschale: Weil sich SPD und Grünen einerseits und CDU/CSU und FDP andererseits in dem Gremium nicht über die Entlastung der Berufspendler einigen konnten, setzte Rot-Grün schließlich mit ihrer Mehrheit im Ausschuss ihr Modell durch. Diesem "unechten" Vermittlungsergebnis stimmte der Bundestag am Freitag zwar mit der Mehrheit von SPD, Grünen und PDS zu. Im Bundesrat, wo Rot-Grün über keine eigenständige Mehrheit verfügt, könnte das Modell nun aber erneut scheitern. Danach wäre ein neues Vermittlungsverfahren fällig.
Um zustimmungspflichtige Gesetze wie die Entfernungspauschale durch den Bundesrat zu bringen, werden in der Länderkammer 35 Stimmen gebraucht. Von den insgesamt 69 Stimmen werden derzeit aber nur 23 von den SPD- oder rot-grün-regierten Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt gehalten. Über die 28 Stimmen von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Saarland, Thüringen und Sachsen verfügen Union und FDP. Die restlichen Stimmen gehören dem sogenannten neutralen Block, der aus den Großen Koalitionen in Bremen, Berlin und Brandenburg, dem SPD/FDP-regierten Rheinland-Pfalz und dem SPD/PDS-regierten Mecklenburg-Vorpommern besteht.
Im Vermittlungsausschuss hatte das rot-grüne Modell eine knappe Mehrheit gefunden, allerdings hatte sich dabei sogar ein SPD-geführtes Land - Hamburg - enthalten. Demnach käme eine Mehrheit für die Neuregelung zur Entfernungspauschale in der Länderkammer voraussichtlich nur dann zustande, wenn SPD und Grüne auch Länder mit Regierungsbeteiligung der CDU auf ihre Seite ziehen könnten. Dies hatten die Berliner Koalitionspartner bei der Steuerreform im Sommer durch zusätzliche Zusagen an die Länder erreicht. Auch diesmal könnte etwa Baden-Württemberg, wo der Wahlkampf vor der Tür steht, doch noch auf die Entlastung für Pendler einschwenken.
Sollte das Vorhaben bei der entscheidenden Abstimmung in der Länderkammer am 21. Dezember aber scheitern, dann könnten Bundestag oder Bundesregierung den Vermittlungsausschuss erneut anrufen. Das erste Vermittlungsverfahren hatte der Bundesrat in die Wege geleitet. Beim zweiten Vermittlungsverfahren wären die Beteiligten dann sicherlich eher um einen "echten" Kompromiss bemüht.