Das Fürstentum Monaco ist nach Einschätzung eines ehemaligen Untersuchungsrichters ein Steuerparadies, das Geld für die Mafia wäscht und sich nur den Anschein einer funktionierenden Justiz gibt. Ermittlungen etwa gegen die Familie von Fürst Rainier III. und andere Prominente seien ihm unmöglich gemacht worden, sagte Richter Charles Duchaine der Pariser Tageszeitung "Le Monde" (Donnerstagausgabe). Nach seinem Ausscheiden aus der monegassischen Justiz 1999 habe es keine grundsätzlichen Verbesserungen gegeben, klagte der inzwischen auf Korsika arbeitende Jurist, dessen Buch "Juge à Monaco" (Richter in Monaco) am Donnerstag erscheint.
Der Chef der monegassischen Justizbehörden, Patrice Davost, wies Duchaines Vorhaltungen zurück, räumte aber indirekt einen wahren Kern ein: Das Buch sei "nicht mehr aktuell", erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die in Monaco arbeitenden französischen Richter stünden unter der juristischen Aufsicht ehrenamtlicher Richter am Kassationshof, Frankreichs höchstem Strafgericht. Dem seit drei Jahren aus dem Dienst geschiedenen Duchaine hielt er vor, er wolle verbittert "alte Rechnungen begleichen". Frankreich entsendet seit 1920 französische Richter nach Monaco. Sie stellen dort die Mehrheit der Untersuchungsrichter.
In Monaco habe der Untersuchungsrichter aber häufig eine bloße Alibi-Funktion, klagt Duchaine in "Le Monde". Während seiner Tätigkeit in Monaco in den Jahren 1995 bis 1999 sei er von Vorgesetzten behindert worden. Justizbehörden und Staatsanwaltschaft in Monaco hätten dabei versucht, den Eindruck von Rechtmäßigkeit zu vermitteln. "Leute mit Einfluss" würden in Monaco nicht juristisch verfolgt. In einem Fall habe er wegen schweren Betruges gegen eine Reihe italienischer Mafiosi ermittelt. Sie hätten mit einem damaligen Vertrauten von Prinzessin Stéphanie in Verbindung gestanden. Der Generalstaatsanwalt habe diese Affäre wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei den Ermittlungen im Keim erstickt.
Die Aktivitäten vor allem der italienischen und der osteuropäischen Mafia in Monaco seien offensichtlich, sagte Duchaine weiter. Er habe versucht, aus Osteuropa stammende Bandenkriminelle am Rande eines Formel-Eins-Autorennens festnehmen zu lassen, wo sie als Sponsoren aufgetreten seien. Die monegassische Polizei habe ihm bedeutet, eine solche Aktion vor den Kameras der ganzen Welt sei "nicht erwünscht". Einige Stunden später hätten sich die Verdächtigen abgesetzt.
Der Zwergstaat an der Côte d'Azur habe stets so genannte Offshore-Firmen mit dem Charakter von Briefkasten-Unternehmen unterstützt, sagte Duchaine. Geldwäsche-Fälle seien seines Wissens nie durch die monegassische Staatsanwaltschaft angefasst worden, auch habe sich Monaco nie um Finanzmarkt-Transparenz bemüht. Offizielle Pariser Einrichtungen hatten die monegassischen Behörden in den vergangenen Jahren beschuldigt, Geldwäsche zu ermöglichen und damit das organisierte Verbrechen zu begünstigen. Nach Einschätzung Duchaines geht es den monegassischen Behörden nicht darum, die Straffreiheit der Kriminellen zu gewährleisten. Vielmehr versuchten sie, "mit allen Mitteln Geld ins Land zu holen".